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 Post subject: Hang - Handpan - PAN - Irrungen und Verwirrungen
PostPosted: Tue Dec 11, 2012 12:51 pm


Joined: Wed Oct 27, 2010 3:47 pm
Posts: 379
Location: Deutschland/ südlich von Bremen
Hang – Handpan – Hand Pan - Pan... Irrungen und Verwirrungen.

Ein Appell die Dinge etwas genauer zu nehmen!

Am Anfang war das Hang. Jedenfalls wenn wir die ganze Vorgeschichte mit der Erschaffung der Welt einmal außen vor lassen. ;-)

Im Jahre 2000 erblickte das erste Hang das Licht der Welt. Die Hangbauer Sabina Schärer und Felix Rohner hatten etwas völlig neuartiges erschaffen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Blechklanginstrumente, wurde das Blech alleine durch die Berührungen der Hände und der Finger angeregt und zum klingen gebracht. Das hat es vorher noch nicht gegeben.

Wie sich in den nächsten Jahren herausstellte wurden viele Menschen auf besondere Weise vom Hangklang berührt. Die Nachfrage nach dem Hang überstieg die Anzahl der gebauten Hanghang sehr schnell um ein vielfaches.

Vielleicht wird eines Tages ein Buch über diese erstaunliche Geschichte geschrieben. Wer weiß? Ich möchte mich an dieser Stelle aber ein wenig auf die Begriffe Hang – Handpan und vor allem Pan konzentrieren.

Die PANArt feiert im nächsten Jahr ihr 20 jähriges Bestehen. Felix Rohner begann bereits im Jahre 1976 Fässer zu bearbeiten um daraus Steelpans herzustellen. Seit 1985 hat er diese Arbeit zu seinem Hauptberuf gemacht. Er beliefert duzende Steelbands in der Schweiz mit seinen Instrumenten und sorgte als Tuner dafür, dass die Instrumente und somit die ganze Steelband in der „richtigen Stimmung“ waren.
Er war Begründer oder Mitbegründer von über 40 Schul- und Jugendsteelbands.
In einer dieser Steelbands spielte auch Sabina Schärer, welche schon bald selber den Hammer in die Hand nahm.
Darüber könnte man nun wieder ein eigenes Buch schreiben. Das wäre sehr interessant. Halten wir aber mal fest: Die Hangbauer Sabina Schärer und Felix Rohner waren vor der Zeit mit dem Hang mit dem Bau von Steelpans befasst. Es ist nicht übertrieben zu sagen dass Felix Rohner so etwas wie ein Pionier war. Es wurden auch einige Reisen in die Heimat des Steelpan nach Trinidad unternommen. In all den Jahren wurde auch viel mit unterschiedlichen Materialien geforscht. Auf der Suche nach einem „besseren“ Blech für den Bau ihrer Instrumente arbeitete die PANArt mit Akustikern, Universitäten, Physikern und anderen Fachleuten zusammen. Im Jahre 2000 wurde diese Arbeit durch die Verleihung des Bayrischen Staatspreises für innovatives Handwerk gewürdigt.
Wir haben es hier also mit Experten auf ihrem Gebiet zu tun. Da ist ernsthafte Forschung betrieben worden.

Die Hangbauer sagen sehr deutlich: „Das Hang ist kein Handpan...“

Zitat PANArt: „Klar und deutlich gesagt: Wir bauen keine Schlaginstrumente, keine Handpans und auch keine Hang Drums.

http://www.hangblog.org/mitteilung-der- ... -mai-2010/

Als Erfinder des Hang, Experten auf diesem Gebiet, Pionieren und Kennern der Steelpan Szene haben sie einen guten Grund für diese Aussage. Ich finde das sollte man respektieren.

Woher kommt überhaupt der Begriff Handpan?

Die hohe Nachfrage nach dem Hang führte dazu, dass immer mehr Leute und Firmen die Hangform kopierten. Es soll an dieser Stelle hier einmal nicht über die Unterschiede und die Qualitäten dieser Instrumente gehen. Wer Ohren hat zu hören, der höre...
Pantheon Steel in Amerika war eine der Firmen, die sich als erster an der Form des Hang versucht haben. So entstand das „Halo“. Kyle Cox war der Ansicht, es sei eine neue Instrumentengattung geboren. Persönlich sehe ich das übrigens anders. Das Hang ist nicht statisch, sondern immer in Bewegung.
Jedenfalls brachte Kyle Cox als erstes den Namen „Handpan“ für diese vermeintliche neue Instrumentengattung in die Welt.
Ich und einige andere haben in den Foren wiederholt davor gewarnt, diesen Namen zu etablieren. Der Mensch ist faul und kürzt gerne ab. Ist Handpan schon unglücklich gewählt so bestand die Gefahr, dass aus „Handpan“ dann auch schnell einfach nur „Pan“ wird.
Und dann ist der Name nicht einfach nur Ansichtssache, sondern belegbar schlicht und ergreifend falsch.
Und nicht nur falsch. Er tritt sogar Kulturgüter mit Füßen. Aber dazu komme ich gleich.
Es gab einige Schlüsselfiguren, die die Verbreitung des Namen Handpan vorantrieben. Zum Teil Leute, deren Ego einfach zu groß ist, um sich um andere Kulturen zu scheren.
Das Handpan Forum trug wesentlich zur Verbreitung des Begriffes Handpan bei.

Und nun wird es im Grunde traurig und peinlich. Wie von mir und einigen anderen befürchtet wird der Name „Handpan“ von mehr und mehr Leuten abgekürzt. Es wird von „PAN“ gesprochen. Auf dem Handpan Forum trägt unter anderem das „Pan House“ (eine Unterkategorie des Forums) dazu bei, dass die Leute denken „PAN“ wäre der richtige Begriff.

Was ist PAN?

Zunächst einmal der englische Begriff für Pfanne. Die Steelpan Form könnte man ja durchaus als eine Art „Pfanne“ beschreiben. Das Hang hingegen ist eher ein Gefäß. Die ganzen Handpans, die im Moment wie Pilze aus dem Boden schießen haben auch nichts mit einer Pfanne gemein. Das aber nur am Rande.

Es gibt den Begriff PAN bereits. Es ist die gebräuchliche Abkürzung der Steelpan. Die Steelpan ist das Nationalinstrument von Trinidad und Tobago. Sogar nachzulesen auf einer offiziellen Seite der Regierung von Trinidad.

http://www.foreign.gov.tt/about_trinida ... nstrument/

Da geht es um die Kultur eines Volkes! Sollte es egal sein, dass wir nun respektlos hingehen und sagen: „hier, wir haben ein neues PAN“ ?
„PAN“ ist nicht nur die Abkürzung für Steelpan. Es ist vielmehr der Begriff für eine Lebensart, für das Selbstverständnis eines ganzen Volkes.
Die englischen Kolonialherren verboten in den 1930 Jahren den Einheimischen das Spiel auf afrikanischen Schlaginstrumenten. Es war ein Akt der Unterdrückung. Der Unterdrückung von ehemaligen Sklaven.
Da es genügend Ölfässer auf Trinidad gab, begann dort das einfache Volk mit dem Bau von Steelpans. Die Geschichte der Steelpan wird in den Anfängen von viel Gewalt und Rivalität begleitet. Das war kein Spaß! Vielleicht gab es Tote?
Später konzentrierte man sich auf bestimmte Feste (wie Karneval), an denen die Steelbands der Reviere gegeneinander antraten. Rauschende Feste. Ekstase... die Leute waren außer sich...
Welch ein Unterschied zum Hangspiel. Hier die Massen, feiernd, tanzend... die Menge aufpeitschend und dort der Hangspieler mit seinem ruhigen, gar beruhigenden Spiel...

Das "Trinidad und Tobago Bureau of Standards" hat einen Versuch gemacht, erste Standards zu beschreiben, was ein Steelpan oder PAN denn nun ist und was nicht.

Zitat: „Steel Pan
The steelpan is a musical instrument indigenious to Trinidad and Tobago. It is a definite pitch percussion instrument in the idiophone class, traditionally made from a steel drum or steel container. The metallic playing surface is concave with a skirt attached. The playing surface is divided into convex sections by channels, grooves and/or bores. Each convex section is a note tuned to a definite pitch. The convex sections are played by striking with pan sticks to produce musical tones.”

Oder auch:
“Das Steelpan ist ein Musikinstrument aus Trinidad und Tobago stammend. Es ist ein Perkussionsinstrument mit definierten Tonhöhen und wird den Idiophonen zugeordnet:
Es wird traditionsgemäß aus einem Spundfass (Steeldrum) aus Stahlblech oder einem Gebinde aus Stahlblech (Steelcontainer) hergestellt.
Die metallene Spielfläche ist konkav und wird durch einen Mantel zusammengehalten. Die Spielfläche ist mittels Senken, Gravuren und/oder Bohrlöcher in konvexe Sektoren unterteilt.
Jeder konvexe Sektor ist ein Ton, auf eine definierte Tonhöhe gestimmt.
Die konvexen Sektoren werden mit Pan-Schlegeln geschlagen, um Töne zu produzieren.“

http://www.panyard.pan-jumbie.com/2/standard.html


Das hat nichts mit Handpan zu tun. Der Begriff „PAN“ ist ohne Frage einfach nur falsch.

Ich hoffe, dass sich mehr Leute einmal Gedanken darüber machen, dass man mit Geschichte nicht so leichtfertig umgehen sollte, nur weil es das Internet einfach macht.

Es folgen interessante Links. Quellen für das gesagte und weiterführende Lektüre. Sehr interessant und lesenswert.


Frank Sturm


http://www.pan-jumbie.com/index.php?mac ... eturnid=56

http://de.wikipedia.org/wiki/Schweizer_ ... Geschichte

http://de.wikipedia.org/wiki/Steelpan


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 Post subject: Re: Hang - Handpan - PAN - Irrungen und Verwirrungen
PostPosted: Wed Dec 12, 2012 11:20 am


Joined: Fri Mar 30, 2012 8:46 am
Posts: 1
Hallo Frank,

danke für diese Ausführliche Erklärung.
Dennoch sollte, wenn wir schon über PAN oder nicht Pan sprechen, PANart auch Erwähnung finden.
Da sie ja tatsächlich früher Steelpans gebaut haben, liegt der Begriff nahe, kann aber heute, da sie ja "nur" die Hang Produzieren, leicht verwirren.

Grüße
Fabian


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 Post subject: Re: Hang - Handpan - PAN - Irrungen und Verwirrungen
PostPosted: Wed Dec 12, 2012 3:59 pm


Joined: Wed Oct 27, 2010 3:47 pm
Posts: 379
Location: Deutschland/ südlich von Bremen
Hallo Fabian,

danke für Deine Rückmeldung.

Die PANArt gab es ja schon viele Jahre, bevor sie das erste Hang gebaut haben. Heute ist der vollständige Name PANArt Hangbau AG.
Da wird dann deutlich, daß es um Hangbau geht.
So einen Firmennamen ändert man ja nicht plötzlich komplett. Da hängt ja eine Menge dran.
Vor dem Hang hat PANArt auch schon andere Instrumente aus dem Pangblechen gefertigt und damit geforscht.
Es gibt zum Beispiel auch Ping, Peng, Pong usw...
Wie schon erwähnt ist die Arbeit der PANArt zu einem großen Teil immer auch Forschung gewesen. Und sie ist es heute noch. Ich bin gespannt, was wir da in Zukunft noch spannendes zu sehen und zu hören bekommen.

PAN bedeutet im griechischen übrigens [ griech.] pãs; pãn: all, ganz, völlig, gesamt, umfassend.
Also soetwas wie "allumfassend". So passt der Name dann auch in dieser Hinsicht sehr gut. Allumfassende Kunst.

Viele Grüße

Frank Sturm


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 Post subject: Re: Hang - Handpan - PAN - Irrungen und Verwirrungen
PostPosted: Wed Dec 12, 2012 5:21 pm


Joined: Wed Oct 27, 2010 3:48 pm
Posts: 507
Location: Deutschland, NRW
Frank Sturm wrote:
PAN bedeutet im griechischen übrigens [ griech.] pãs; pãn: all, ganz, völlig, gesamt, umfassend.
Also soetwas wie "allumfassend". So passt der Name dann auch in dieser Hinsicht sehr gut. Allumfassende Kunst.


Das ist jetzt übrigens nicht nur so eine Idee von Frank, sondern tatsächlich die Art und Weise, wie Felix Rohner und Sabina Schärer heute ihren Firmennamen interpretieren. Genau die von Fabian aufgeworfene Frage hatte ich vor ein, zwei Jahren mal Felix Rohner gestellt, und er wies mich damals auf das griechische pan hin. PANArt heißt dann Ganzheitliche Kunst, das Pendant dazu ist das "Integral" in Integrales Hang. Das kennzeichnet ja auch die ganzheitliche, alle Einzelaspekte integrierende Sichtweise auf das Instrument: Es erklingt immer als Ganzes. Der Hangspieler spielt nie einzelne Töne, sondern immer das ganze Instrument, nie Gu oder Ding, sondern immer GuDing zusammen, nie einzelne Teiltöne in den Tonfeldern sondern immer ein dynamisches Miteinander der sich gegenseitig beeinflussenden drei Schwingungsmoden eines Tonfelds...

Den Firmennamen wollten sie nicht ändern, sagte mir Felix, um die Kontinuität zu wahren.

Michael


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